Familie

„No Babies, no cry“ – wie eine Hamburger Gastronomin Familien vergrault

By March 14, 2019 No Comments

Mal wieder lecker frühstücken gehen? In den einschlägigen Hamburg-Tipps findet sich in der Rubrik „Frühstück“ immer wieder ein und dasselbe Café in Hamburg-Eimsbüttel: Das Moki´s Goodies. Top Bewertungen, Superfood-Fotos auf Instagram: man könnte meinen, es läuft gut für die Location. Bis jetzt. Seit Tagen wütet ein Shitstorm auf Instagram und rückt das Café in ein völlig neues Licht: #schnullergate bestimmt nun die Assoziation mit dem eigentlichen Frühstücks-Hotspot. Was, um Himmelswillen, ist denn DA passiert??

Kinder? Unerwünscht!

Auf der Website des Cafés heißt es seit neustem: Für Erwachsene und Kinder ab 6 Jahren. „No Babies, no Cry“ – dieser Zusatz ist mittlerweile von der Homepage gelöscht, doch das Internet vergisst nichts (Screenshots lassen grüßen). Eine Hamburger Bloggerin schilderte vor einigen Tagen auf Instagram ihr negatives Erlebnis in dem Laden: Das schlafende Baby in der Trage umgeschnallt, wollte sie sich einen Coffee to Go holen. „Sorry, nicht mit dem Baby. Geh besser rüber zum Spielplatz“, soll daraufhin eine Servicekraft zu ihr gesagt haben. Bäm! Shitstorm vorprogrammiert.

Eine andere Hamburger Mutter (Inhaberin eines Concept Stores und Frau von Revolverheld-Gitarrist Niels Kristian Hansen) teilte ähnliche Erfahrungen in ihrer Instagram-Story und verlagerte ihr geschäftliches Meeting inklusive kleinem Baby kurzerhand ins – kinderfreundliche – Café gegenüber. Das genau ist die Empfehlung, die Mokis Goodies Inhaberin Monika Ertl in einer Stellungnahme zu der ganzen Diskussion auf der Instagram-Seite des Cafés ausspricht. Aus geschäftlicher Sicht nicht nachvollziehbar, aber für sie ein wichtiges Anliegen. Sie sagt, es gebe in dem Viertel genug Cafés, die auf Mütter mit Kindern ausgerichtet sein. Ihr Konzept wäre eben anders. Hat sie Recht, indem sie bestimmte Personengruppen (Babys und Kinder bis 6 Jahren) von vornherein ausschließt? Darf man das als Cafébesitzerin? Darüber diskutiert die Instagram-Community.

Der neuste Trend: Adults only Restaurants

Die Thematik an sich ist nicht neu: Seit August 2018 sind Kinder unter 14 Jahren im Restaurant „Oma’s Küche“ auf Rügen Ab 17 Uhr unerwünscht. Inhaber Rudolf Markl bringt im Interview mit Spiegel Online das gleiche Argument, wie Monika Ertl von Moki´s Goodies: „Wir haben über 300 Restaurants auf der Insel, von denen wird ja wohl eines für ein paar Stunden am Abend kinderfrei sein dürfen.“ Was aber, wenn die Ausnahme zur Regel wird? Wenn die Kollegen nachziehen und immer mehr Gastronomen sagen: No Kids? Viele Kommentare unter dem #schnullergate Post deuten an, dass derartige Abweisungen oder Restaurant-„Regeln“ typisch deutsch seien und beschreiben Deutschland als kinderunfreundliches Land. Eine Beobachtung, die auch Chiara Schmucker teilt. Unter diesem Pseudonym schreibt die Autorin auf dem Familienblog der F.A.Z. über ihre Alltagserlebnisse mit Baby, zuletzt über ihre Erfahrungen als Familie mit kleinem Kind in Restaurants und Hotels. Und diese sind durchweg negativ.

Kinder im Restaurant polarisieren

Das Thema „Kind im Restaurant“ polarisiert, keine Frage. Die einen fühlen sich schlecht behandelt, die anderen schließen die Familie als Gäste von Anfang an aus. Alle sind beleidigt. Eltern, die einen ruhigen Tag ohne Kinder verbringen wollen und sich einen Babysitter organisiert haben, werden nicht in das Café gehen, in dem sie sonst mit ihren Kids Espresso und Kakao trinken, um ihre Ruhe zu haben. Aber wenn das Lieblingsrestaurant plötzlich sein Konzept ändert und meint, ohne kleine Kinder würden die Geschäfte besser laufen, stellt sich die Frage, ob die bisherige Stammkundschaft – nämlich vor allem Familien mit Kindern – nicht doch als wesentlicher Umsatzbringer wegfällt und am Ende gar keiner mehr in das Café kommt?




Bildnachweis: Verdes Cosmin, CC0 Creative Commons via Unsplash.com



Sergio Bellon

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