
Das Telefon klingelt, die Erzieherin aus der Kita ist dran: „Greta hat Fieber, bitte holen sie die Kleine jetzt ab. Ach ja, und denken sie an die 2-Tage-Regel. Das Kind muss zwei Tage fieberfrei sein, bis es wiederkommen darf. Wiederhören.“ Klick. In den allermeisten deutschen Familien wird es nicht der Vater sein, der seine Arbeit im Homeoffice sofort liegen lässt, Greta aus der Kita holt und sich die kommenden zwei Tage um das kranke Kind kümmert.
Studie über Homeoffice: nicht nur Vorteile
„Männer sind seltener Ansprechpartner, wenn es um Familie geht, die Hauptverantwortung liegt bei der Frau“, sagt Yvonne Lott, Autorin einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung, die diese Woche veröffentlicht wurde und die ZEIT sowie weitere Medien zu Artikeln über Homeoffice und die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie verleiten ließ. „Trotz Zunahme der Erwerbsarbeit von Frauen hat sich an der Arbeitsteilung in den vergangenen Jahren wenig verändert.“
In der Studie geht es vor allem um die Arbeit im Homeoffice und wie diese sich auf die Kinderbetreuung auswirkt. Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass Mütter im Homeoffice auf vier zusätzliche Arbeitsstunden in der Woche kommen. Eine davon widmen sie dem Job, drei der Kinderbetreuung. Bei Vätern sieht es anders aus: Sie machen wöchentlich zwei Überstunden mehr – allerdings nur für die Arbeit.
Mehr Flexibilität = mehr Arbeit = weniger Freizeit?
Mehr Flexibilität bedeutet also im Umkehrschluss doch mehr Arbeit. Vor allem für die Mütter. Eigentlich sollte doch das Homeoffice dazu führen, dass Beschäftigte Zeit gewinnen, indem sie beispielsweise längere Anfahrtswege einsparen. Zeit für sich selbst, für Sport oder ganz einfach: Mal nichts tun. Die Studienergebnisse zeigen aber, dass die Flexibilität kein Mehr an Freizeit bietet und viel mehr zu Lasten sowohl von Müttern als auch von Vätern geht.
Ein Babysitter kann helfen
Die Lösung für mehr Freizeit für sich oder als Paar könnte eine längere Kinderbetreuung am Tag sein. Wenn das Kind bis 16 Uhr statt 14 Uhr in der Kita ist, hat Mama quasi zwei Stunden für sich – wenn wir davon ausgehen, dass sie in der Regel bis 14 Uhr arbeitet. Immer mehr Eltern gehen dazu über, sich regelmäßige Freiräume zu schaffen, indem sie einen festen Abend in der Woche einen Babysitter buchen, um sich ein paar Stunden eine Auszeit vom Arbeits- und Familienleben zu gönnen.
In Dänemark boomt „Doppelteilzeit“
Gerade Eltern, die beide in Vollzeit arbeiten, müssen dafür Sorge tragen, dass sie sich als Paar vor lauter Job und Kind nicht verlieren. Allerdings: Das Modell „Mama, Papa, Kind – und zwei 40-Stunden-Jobs“ ist in Deutschland sowieso der Ausnahmefall. Nur 1,2 Prozent der deutschen Elternpaare leben und arbeiten so. Frauen verdienen zwar zunehmend mehr, dennoch hält sich in Deutschland überraschend hartnäckig das traditionelle Rollenverständnis, meint Anna Eube von Iconist. Aus eigener Erfahrung beschreibt sie es als einen „Kraftakt“ auf allen Ebenen, wenn beide Eltern Vollzeit arbeiten: beruflich, privat, emotional, körperlich.
Es sind mal wieder die Nachbarn aus dem Norden, die offensichtlich erkannt haben, wie die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit gut funktionieren kann: In Dänemark arbeiten 30 Prozent der Eltern in Doppelteilzeit.
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