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Stell dir vor, Männer und Frauen verdienen gleich viel – Ein Gedankenspiel

By January 24, 2019 No Comments

„Gender Pay Gap“ – viele Schreibende sehen darin wieder ein neues Buzzword dieser Tage. Was natürlich Quatsch ist, denn die Gender Pay Gap existiert, seit es Gender und seit es payed Jobs gibt. Also seit Beginn der Menschheit. Mindestens. Die beste wörtliche Übersetzung zu GPG liefert Wikipedia: „Geschlechter-Einkommenslücke“ oder „geschlechtsspezifischer Lohnunterschied“. Klingt unsexy? Ist es auch. Und zwar deswegen, weil Lücken und Unterschiede zwischen den Geschlechtern genauso blöd, wie weit verbreitet und tief in unserer Gesellschaft verankert sind.

Immer mehr Hauptverdienerinnen – aber immer noch zu wenige

 

Aktuelle Zahlen und Studien geben Hoffnung. Hoffnung darauf, dass unsere Urenkel und deren Enkel vielleicht irgendwann mit dem Begriff „Gender Pay Gap“ gar nichts mehr anzufangen wissen, weil es eben dann normal so ist, wie es normal sein sollte: Mama und Papa und Oma und Opa verdienen gleich viel. Punkt. Zumindest in Relation zueinander, wenn sie in vergleichbaren Berufen tätig sind.

 

Noch immer wird die Arbeit von Frauen und Männern in Deutschland nicht gleich vergütet. Laut aktuellem Mikrozensus, der größten jährlichen Haushaltsbefragung in Deutschland vom Statistischen Bundesamt, steigt jedoch die Zahl der Paare in Deutschland, in denen die Frau Hauptverdienerin ist, oder sich zumindest die Einkünfte beider Partner ähneln. Zu dem gleichen Ergebnis kommt eine Untersuchung der Hamburger Vergütungsberatung Compensation Partner von knapp 220.000 Fachkräften. Frauen haben der Analyse zufolge im Jahr 2018 4,5 Prozent weniger Gehalt als Männer. Im Vergleich zum Vorjahr ist die bereinigte Entgeltlücke zwischen den Geschlechtern von 5,2 Prozent um 0,7 Prozentpunkte geschrumpft. Halleluja, was für eine großartige Verbesserung. Nicht.

 

Wenn man sich die Verteilung anschaut, sieht es auch nicht wirklich nach Gleichstellung aus: Bei 75 Prozent der befragten Paare ist der Mann in der Familie der Hauptverdiener. Die Frau bestreitet bei 14,4 Prozent der Paare das Haupteinkommen. Bei nur 10 Prozent der Paare haben Frau und Mann ein ähnliches Einkommen. Bei Paaren mit Kindern waren Frauen seltener die Haupternährerin in der Familie als bei Paaren, in deren Haushalt keine Kinder (10 Prozent zu 15 Prozent) leben. Und hier wird es interessant, denn was zeigt uns das letztendlich in der Betrachtung von Haushalt und Kinderbetreuung?

 

Frauen verdienen wenig und leisten zusätzlich unbezahlte Arbeit

 

Frauen leisten nach wie vor den größten Teil unbezahlter Arbeit, nämlich die Betreuung der Kinder und die Führung des Haushalts. Dieses Ergebnis deckt sich mit allgemeinen gesellschaftlichen Beobachtungen – und ist das Ergebnis einer Studie der Hans Böckler Stiftung von 2017.

 

 

Von einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung sind die meisten Paare noch weit entfernt. Familien, die andere Rollenmuster leben wollen, stehen schnell als „Exoten“ da oder werden hoch gelobt dafür, dass Mann und Frau sich alles „50/50“ teilen.

 

Die liebe Stefanie Luxat vom Blog Ohhh…Mhhh hat diese Woche eine Beispielwoche aus ihrem Leben mit ihren Leserinnen und Lesern geteilt und dort läuft es laut ihrer eigenen Darstellungen ziemlich gleichberechtigt und partnerschaftlich ab. Hut ab.

 

Gleich viel Arbeit – was ist dann mit der Kinderbetreuung?

 

Die Kernaussage der Debatte ist nicht, dass Frauen mehr verdienen sollen als Männer – sie sollen gleich viel verdienen in vergleichbaren Jobs und Positionen. Wenn wir irgendwann an einem Punkt angelangt sind, an dem sich die Gehälter angeglichen haben, stehen wir vor ganz neuen Herausforderungen.

 

Nehmen wir noch einmal das Ergebnis der Hans-Böckler-Studie: Dass der Mann meistens mehr arbeitet, liegt daran, dass er mehr verdient. Das ist für viele Familien eine rein wirtschaftliche Entscheidung: Ich, Mann, verdiene mehr, also arbeite ich mehr, damit wir mehr Geld zur Verfügung haben. That´s it. Das Gehalt der Frau fällt eh nicht ins Gewicht, deswegen macht sie eben auch den „Rest“.

 

Und jetzt kommt das große ABER: Wenn nun Mama und Papa gleich viel verdienen, ist die Frage, wer denn „mehr“ arbeiten soll, nicht mehr so lapidar mit „der, der mehr verdient“ zu beantworten. Und hier beginnt dann womöglich die echte Gleichberechtigung: Beide Eltern nehmen gleich viel Elternzeit, beide Eltern arbeiten, beide Eltern kümmern sich um die Kinder, beide Eltern schmeißen den Haushalt, beide Eltern planen die Aktivitäten der Kinder, beide Eltern waschen die Wäsche und das Auto!

 

Frau Luxat ist auf dem richtigen Weg, würde ich sagen und wir sind gespannt, was uns die Politik zusätzlich zur Frauenquote, ElterngeldPlus und rechtlichem Anspruch auf Kita-Platz zukünftig noch zu bieten hat, um die Gender Pay Gap am Ende einfach aufzulösen. Puff!

 

 

 

 

Bildnachweis: Pexels

Sergio Bellon

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