
„Und bei Euch? Auch voll im Weihnachtsstress?“ Mit dieser Frage brachte mich neulich eine Freundin zum Nachdenken, als sie schnell, schnell zwischen zwei Terminen ihren Sohn zum Spielen vorbeibrachte. „Öh, eigentlich nicht“, sagte ich, aber da war sie schon wieder weg.
Schnell, schneller, Weihnachten
Alle Jahre wieder … kommt das Christuskind. Und mit ihm das Gefühl, dass Weihnachten immer mehr zu einem Fest der Hetzerei verkommt. In den Geschäften drängen sich Schnäppchenjäger und Last-Minute-Käufer, bereits im November beginnt auf Instagram der Battle um den schönsten, individuellsten #adventskalender, gefolgt von Einladungen zur Weihnachtsfeier bei der Arbeit, im Kindergarten, im Sportverein, in der Schule. Nicht zu vergessen natürlich noch der obligatorische Weihnachtsmarktbesuch mit den Mädels und die Weihnachtsaufführung vom Großen. Kurze Verschnaufpause, dann Silvester, Kater, wieder arbeiten. Ach: Und wer nimmt eigentlich Oma dieses Jahr?
Wer mit wem unter dem Christbaum sitzt
In Zeiten von Patchworkfamilien kommt neben der oben genannten Anhäufung von Terminen zum Jahresende noch eine neue Komponente dazu: Wer feiert mit wem, wann und wo? Da sind die drei Weihnachtsfeiertage schnell von vorn bis hinten durchgeplant. Sind die eigenen Eltern geschieden und können den Heiligabend nicht gemeinsam um den Tannenbaum verbringen, teilen sich die Geschwister meist auf. „Letztes Jahr war Oma bei uns, dieses Jahr geht sie zu euch und Papa kommt zu uns.“ WENN die Organisation denn so reibungslos abläuft. Und was ist mit den Kindern, wenn die Eltern getrennt leben? Zu Mama oder zu Papa? Da kann die weihnachtliche Vorfreude leicht dem Stress weichen. Leider. Ist Weihnachten doch eigentlich das Fest der Liebe.
Muss denn Weihnachten perfekt sein?
Dem Suchverhalten auf Google nach zu urteilen, haben die Menschen wohl wirklich ein Problem mit Weihnachten: Gibt man die Begriffe „Weihnachten besinnlich“ ein, erhält man 986.000 Ergebnisse – bei „Weihnachten Stress“ sind es 18.500.000!!! Wie kommt´s? Was viele wirklich stresst, ist der Anspruch, alles „rechtzeitig“ fertig zu haben, um sich dann wirklich entspannen zu können. Alles soll perfekt sein – von den Geschenken bis zur Weihnachtsgans. Und bei der Arbeit am besten auch noch alle Projekte im alten Jahr abschließen. Sind die Erwartungen zu hoch, ist die Enttäuschung meist umso größer, wenn nicht alles den Vorstellungen entsprechend abläuft.
Dabei sollten sich die Familien über die Feiertage lieber auf eine Sache besinnen, die in unserer heutigen Fast-Foward-Gesellschaft definitiv zu kurz kommt: Die Zeit. „Zeit ist gerade heute in der stressigen Arbeitswelt ein wertvolles Geschenk.“, sagt Psychologe Fritz Propach. „Die Weihnachtsfeiertage bieten Eltern und ihren Kindern Zeit für Dinge, die sie gemeinsam gerne machen wollen.“
Für alle, die Stress googeln, aber Ruhe suchen, haben wir die wichtigsten Regeln für eine entspannte Weihnachtszeit zusammengefasst. Frohes Fest!
- Jedes Kind nur ein Geschenk
- Geschenke rechtzeitig besorgen
- Regeln festlegen, z.B.: Die Erwachsenen schenken sich nicht die 36. Krawatte und das 85. Paar Socken, sondern spenden lieber an eine Hilfsorganisation
- Aufteilen: Papa macht die Vorspeise, die Schwägerin den Hauptgang und Oma und Opa kümmern sich gemeinsam mit den Enkeln um das Dessert
- Sich nicht von anderen auf Instagram in Sachen Weihnachtsdekoration verrückt machen lassen
- Auch mal Nein sagen und lieber gemütlich auf der Couch bleiben. Man muß nicht auf allen Festen feiern
- Potentielle Streitthemen mit den Verwandten lieber vorher besprechen oder heikle Themen umgehen
- Am Ende ist es mit Weihnachten wie mit „Last Christmas“ von Wham: die einen lieben es, die anderen hassen es!
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