Familie

Handyverbot an Schulen – Zeitgemäß oder Notlösung?

By August 30, 2018 No Comments

Es klingelt im Unterricht, Köpfe werden unter dem Tisch zusammengesteckt, um die neusten YouTube-Videos anzuschauen, in der letzten Reihe macht ein Mädchen ein Selfie. Damit ist in Frankreich jetzt Schluss! Rien ne va plus – nichts geht mehr in Sachen Smartphone-Nutzung an französischen Schulen. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte diesen Schritt bereits im Wahlkampf angekündigt, vor einigen Wochen wurde ein Gesetz erlassen, das die Nutzung von Mobiltelefonen in den französischen Klassenzimmern verbietet.

Handys stören in der Schule

Knapp neun von zehn französischen Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren besitzen ein Smartphone. Befürworter des Gesetzes sehen Handys als störend für die Aufmerksamkeit im Unterricht und für das Schulklima an. In den Pausen würden sich die Kinder und Jugendlichen weniger bewegen.

Auch im Silicon Valley, ausgerechnet dort, wo die Entwickler von Smartphone, facebook, Google & Co. Sitzen, gibt es einen Trend in Richtung „Handy-frei“. Erste private Kindergärten und Schulen verbieten das Mitnehmen von Smartphones und Tablets in die Klassenräume. Als wüssten die Entwickler der Geräte genau, was sie da herstellen und welches Suchtpotenzial darin steckt. Als Notwehr-Reaktion sehen sie nur das Verbot. Aber ist das nicht zu kurzsichtig gedacht?

In Deutschland ist die Entscheidung übrigens in den Schulgesetzen der Länder geregelt. Nur Bayern schreibt seinen Schulen ein generelles gesetzliches Nutzungsverbot für Handys an Schulen vor – in allen anderen Bundesländern muss das jede Schule selbst entscheiden.

Verbote sind überflüssig – Medienkompetenz ist gefragt

Nicht alle Experten glauben, dass ein Verbot der richtige und klügste Weg ist. Die Symptome werden somit eingedämmt, klar, aber ist es nicht viel wichtiger, Kindern und vor allem auch den Eltern Medienkompetenz zu vermitteln, um den Umgang mit digitalen Geräten sinn- und maßvoll einzusetzen? ‘Ein Verbot ist überflüssig. Man sollte eher durch Prävention vor Cybermobbing und ähnlichem schützen und den Umgang mit Neuen Medien erlernen’, sagt Schülersprecher Jan Perner von der Theodor-Storm-Schule in Husum an der Nordsee. Gefahren besprechen und aufklären, das wäre dringender nötig, als ein plumpes Verbot.

Smartphones sinnvoll im Unterricht einsetzen

Verbote sind natürlich einfacher, als sich mit dem positiven Potential der Medien auseinander zu setzen und einen verantwortungsvollen Umgang zu lehren. Dabei gibt es Beispiele, die zeigen, wie Smartphones sinnvoll in den Unterricht integriert werden können. Das Bildungsportal des Landes Nordrhein-Westfalen hat eine Linksammlung mit Ideen und Materialien für die Nutzung des Handys im Unterricht veröffentlicht– sowohl für Schüler, als auch für Lehrer. Hier muss ein Umdenken stattfinden. Viele Lehrer fühlen sich bei der Nutzung digitaler Medien alleingelassen, sagt der Kölner Lehrer André Spang, der an seiner Schule ein Tablet-Projekt koordiniert. Das Thema Smartphones gehöre unaufgeregt in den Unterricht mit hinein, findet er. ‘Die Neuen Medien sind im Alltag überall, nur die Schule fällt da raus’, kritisiert er.

Epilog

Sind das Verbot in Frankreich und die Smartphone-freien Schulen im Silicon Valley also als Rückschritt zu bewerten? Oder als eine Form der Ausweglosigkeit? Es ist wie immer im Eltern-Kinder-Familien-Erziehung-Kosmos: Die Meinungen gehen auseinander. Letztendlich müssen die Eltern entscheiden, welchen Weg sie für ihre Kinder am besten finden. Es macht durchaus Sinn, den Kindern frühzeitig beizubringen, dass digitale Geräte neben dem Spaßfaktor mit Snapchat und Tik Tok auch zum Lernen geeignet sind und viele Apps sinnvoll in den Alltag eingebunden werden und diesen sogar erleichtern können. Das gilt auch für die Schule.

 

Bildnachweis: Child with phone by David Grandmougin, Creative Commons CC0 via Unsplash

Sergio Bellon

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