
Jeden Tag haben wir im Moment die gleiche Diskussion: darf der neunjährige Sohn das Fußballspiel um 20:00 Uhr sehen? Klar, es ist Fußball-Weltmeisterschaft, alle sind im Panini-Sammel-Fieber und NATÜRLICH müssen ALLE Spiele geguckt werden. Doch vor 22:00 Uhr ist er dann nicht im Bett und überhaupt: Der vierjährige Bruder will dann natürlich auch und für den ist es ja wirklich viel zu spät, oder? Durch den frühen Schulanfang um 8 Uhr in Deutschland ist die Schlafenszeit der schulpflichtigen Kinder unter der Woche nach hinten raus begrenzt. Das heißt, wer später ins Bett geht, bekommt weniger Schlaf – ganz einfache Rechnung. Doch wer sagt eigentlich, wieviel Schlaf den Kindern guttut?
Schlafen nach Zahlen?
Vor einigen Jahren sorgte eine Tabelle aus den USA für Aufsehen. Sie gibt angeblich Antworten auf die Frage: Wann sollte mein Kind ins Bett gehen, damit es am nächsten Morgen ausgeschlafen ist? Die Lehrerin einer Schule in Wisconsin hatte die Tabelle auf ihrer Facebookseite gepostet und sofort ging diese international viral durch die Decke. Die Meinungen dazu waren sehr kontrovers. Manche Eltern fanden die Empfehlungen hilfreich, andere konnten damit gar nichts anfangen und appellierten eher an den gesunden Menschenverstand, als an vorgegebene Zahlen.
Bedarf an verbindlicher Orientierung ist enorm
Das Thema Schlaf erhitzt die Gemüter vieler Mamas und Papas. Hängt doch vom Schlafverhalten der Kinder auch der eigene Gemütszustand ab. Schlafen die Kinder gut und sind in der Früh ausgeschlafen und fröhlich, überträgt sich dieser Zustand natürlich auch auf die Laune der Eltern. Zahlreiche Einträge in Elternforen zeigen, dass eine große Unsicherheit darüber herrscht, in welchem Alter die Kinder wann ins Bett gehen sollten. „Wann muss euer Kind ins Bett?“, „Schulkind, 7 Jahre, wann abends ins Bett?“, „Wann gehen eure Dreijährigen ins Bett?“ Die Antworten sind immer ähnlich: Die einen haben feste Schlafenszeiten, in anderen Familien wird das lockerer gesehen und die Eltern entscheiden nach Bedarf, wann das Kind müde erscheint und ins Bett gehen sollte.
Experten sind sich jedoch einig: Eine gewisse Regelmäßigkeit sollte vorhanden sein, damit die Kinder nach einem langen Tag zur Ruhe kommen und sie eine ausreichende Menge Schlaf bekommen. Diese variiert jedoch von Kind zu Kind und natürlich spielt das Alter auch eine Rolle.
So viel Schlaf brauchen Kinder – Rituale unterstützen dabei
Der Schlafbedarf von Kindern sinkt mit zunehmendem Alter. Während ein Neugeborenes noch durchschnittlich 17 Stunden am Tag schläft, sind es bei einem Sechsjährigen nur noch rund elf Stunden. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat in einer Infografik Empfehlungen für Kinder bis sechs Jahren zusammengefasst. Allerdings sind hier lediglich die Stunden empfohlen, nicht die Zeiten, in denen das Kind ins Bett gehen sollte. Abweichungen bis zu zwei Stunden sind völlig normal, jedes Kind ist anders. Die richtige Zubettgehzeit ergibt sich aus der Aufstehzeit minus dem persönlichen Schlafbedarf des Kindes.
Häufig wollen Kinder abends nicht ins Bett. Obwohl sie müde sind, wollen sie den Tag einfach nicht beenden oder haben Angst, etwas zu verpassen. Besonders im Sommer, wenn es bis 23 Uhr fast noch hell ist oder jetzt, während der WM, gibt es immer wieder Diskussionen. Um allabendliche Machtkämpfe zu vermeiden, ist es sinnvoll, in der Regel konsequent bei einer einmal vereinbarten Zeit zu bleiben. Ein klares Schlusswort hilft da oft besser als endlose Diskussionen. Hilfreich sind dabei Rituale, die die Kinder wissen lassen: jetzt ist der Tag für mich zuende. Abendessen, Zähneputzen, Vorlesen, Kuscheln sind bewährte Klassiker, um die Kinder liebevoll in den Schlaf zu begleiten.
Wenn die Zubettgehzeiten klar geregelt sind, kann natürlich auch einmal eine Ausnahme gemacht werden – bei besonderen Anlässen zum Beispiel, oder wenn das Kind wirklich einmal noch nicht müde ist.
Wir haben mit dem Neunjährigen jetzt bestimmte Spiele ausgesucht, die er gerne sehen möchte, so dass er in der Woche zwei Spiele um 20:00 Uhr sehen darf. Am Wochenende kann er alle späten Spiele gucken, wenn er möchte. Der Vierjährige darf bei den Deutschland-Spielen länger wach bleiben und am Wochenende, wenn am nächsten Tag alle ausschlafen können. Daran schließt die Frage an: Wieviel sollten Kinder Fernsehen oder andere elektronische Medien konsumieren? Dazu bald mehr hier auf dem Blog.
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