
Fröhliches Kinderlachen schallt durch den Hof, nackte Füßchen trippeln durch’s Treppenhaus und irgendwo in der Ferne ruft jemand „Tooor!“. Ein lauer, vorsommerlicher Abend irgendwo in Deutschland. Viele Kinder sind noch wach, wollen nicht schlafen, wollen noch spielen. Am liebsten draußen: Im Garten, auf der Straße, im Park. Klar, das gute Wetter muss man ausnutzen.
„Lasst uns draußen spielen!“ lautet das Motto des Deutschen Kinderhilfswerkes für den Weltspieltag am 28. Mai 2018. Das Bündnis „Recht auf Spiel“ setzt sich dafür ein, dass die Bedingungen für das Draußenspiel für Kinder verbessert werden. Autos, die viel zu schnell durch Wohngebiete fahren und alles zuparken, dichte Bebauung und marode Spielplätze sind Gründe dafür, dass immer mehr Freiflächen und Spielmöglichkeiten für Kinder verloren gehen. Dabei ist es so wichtig, die vier Wände zum Spielen im Freien zu verlassen. Kinder können so am besten ihren natürlichen Bewegungsdrang ausleben, wichtige Naturerfahrungen machen und vor allem: Sie bewegen sich selbständig und unabhängig von ihren Eltern.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser?
Das Motto des deutschen Kinderhilfswerks ist gleichzeitig ein Aufruf an alle Eltern, ihren Kindern den nötigen Freiraum für das Draußenspiel zu geben. Das Wort „Helikoptereltern“ hat vermutlich jeder schon mal gehört: Eltern, die um ihre Kinder „herumschwirren“, ihnen Halt geben am Klettergerüst, sie mit dem Auto am liebsten IN das Klassenzimmer fahren würden und „ganz zufällig“ auf dem Bauernhof auftauchen und nach dem Rechten schauen, auf dem der Sohn gerade seine Klassenreise macht (wahre Geschichten aus dem Buch „Verschieben Sie die Deutscharbeit – mein Sohn hat heute Geburtstag“). Dabei ist es für die kindliche Entwicklung so wichtig, eigene Erfahrungen zu machen. Selbstbewusstsein und Selbständigkeit von Kindern werden gefördert, wenn Eltern ihren Kindern auch mal etwas zutrauen, sie spielen lassen. Ohne Aufsicht.
Tennis statt Ticken
Früher war nicht zwangsläufig alles besser, aber früher haben sich Kinder im Freien ganz anders bewegt. Handys, mit denen Mama und Papa ständig den Standort ihrer Sprösslinge orten können, gab es bis zu den 2000er Jahren nicht – zumindest nicht für Kinder, die alleine auf den Fußballplatz oder ins Freibad gegangen sind. Aber dafür scheinen die Kinder 2018 sowieso keine Zeit mehr zu haben.
Neulich fragte ich eine Freundin, was denn ihr achtjähriger Sohn am Nachmittag, nach der Schule so spielen würde. Sie guckte mich fragend an, überlegte und sagte dann: „Er hat gar keine Zeit zum Spielen.“ Dann zählte sie die nachmittäglichen Aktivitäten der Woche auf: Klavierunterricht, Tennis, Fußball, Nachhilfe und sowieso: die vielen Hausaufgaben. Freies Spielen? Fehlanzeige.
Rettet das Spiel
Jedem Kind ist die Neugier und Lust zum Spiel angeboren. Beim Spielen geht es um „Augenblicke, in denen sich Menschen mit etwas beschäftigen, ohne dass sie damit eine Absicht verfolgen“, schreiben Gerald Hüther und Christoph Quarch in ihrem Buch „Rettet das Spiel“. Beim Spiel erfahren Kinder (und übrigens auch Erwachsene) Lebendigkeit – und damit ist nicht das Computerspiel gemeint, wie die Autoren betonen. Heutzutage würden sich Kinder eher zum „Fifa“-Spielen auf der Playstation verabreden, als zum Kicken auf dem Bolzplatz.
Darf ich mitspielen?
Da kommt der Weltspieltag wie gerufen, um auf die missliche Situation der (nicht)spielenden Kinder aufmerksam zu machen. Neben der Botschaft, Kinder Freiraum zum Spielen zulassen, muss in diesem Zusammenhang auch an das Spielen MIT den Kindern appelliert werden. Im Zeitalter der Handys und Tablets wirkt es manchmal so, als ob sich alle Familienmitglieder hinter ihren mobilen Geräten verschanzen.
Aber es gibt so viel mehr, liebe Eltern: setzt Euch an einen Tisch, spielt ein Gesellschaftsspiel, kocht gemeinsam mit euren Kindern. Liebe Großeltern, Tanten, Onkel und Babysitter: Parkt die Kinder nicht vor dem Fernseher. Spielt mit ihnen Verstecken, baut Höhlen und macht eine Schatzsuche im Park! Und vor allem: traut den Kindern was zu. So können sie eigene Ideen entwickeln und fühlen sich wertgeschätzt.
Bildnachweis: Playing girl von Maxim Matveev, Creative Commons CC0 via Pexels.com