Familie

Kinderfotos im Internet: Ein No-Go?

By April 26, 2018 No Comments

Am Montagnachmittag dominierte ein neugeborenes Baby die weltweiten Schlagzeilen: Gegen 14:00 Uhr verkündete der Kensington Palace via Twitter die Geburt des neuen Prinzen. Einige Stunden später traten Kate und William mit ihrem winzigen Nachwuchs vor die Kameras der Weltpresse.

Wie ihr drittes Kind heißen wird, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt – das Gesicht des Babys hat die Weltöffentlichkeit jedoch schon gesehen. So wie seine Geschwister George (4) und Charlotte (3) wird auch das royale Baby sein Leben lang im Interesse der Öffentlichkeit und der Fotografen stehen.

Eine öffentliche Kindheit

Die Kinder der Royals können es sich nicht aussuchen, ob ihre Fotos veröffentlicht werden, oder nicht. Es passiert einfach – zu groß das mediale Interesse, zu neugierig die Öffentlichkeit. Neben Prinzen und Prinzessinnen finden sich auf Facebook und Instagram auch zahlreiche Baby- und Kinderfotos von „normalen“ Menschen.

#babygirl, #lebenmitkindern oder #jungsmama sind drei von unzähligen Hashtags, mit denen Mütter und Väter die Fotos ihrer Sprösslinge versehen und der ganzen (Online)-Welt zugänglich machen. Dürfen sie das? Haben sie ihre Babys und Kinder gefragt? In den meisten Fällen wohl kaum. Die Meinungen über das Posten von Kinder- und Babyfotos sind kontrovers. Erfolgreiche Bloggerinnen wie @oh_wunderbar oder @pinkepanki haben kein Problem damit, ihre Kinder auf Fotos oder in ihren Instastories zu zeigen. Sie sind Mütter, bloggen über ihren Alltag mit Kids und haben ihren Erfolg, ihre Blogosphäre darauf aufgebaut, ihre Kinder mit einzubinden.

Digitale Kompetenz gehört zum Alltag

Auch SPIEGEL-Autor Torsten Beek ist pro Kinderfotos posten. Er argumentiert, dass seine Kinder ein wichtiger Teil seines Lebens seien. „Deshalb werde ich auch so lange Fotos mit meinen „Freunden“ teilen, bis meine Töchter vielleicht irgendwann sagen, dass es sie nervt oder es ihnen unangenehm ist.“ Schlimme Dinge passieren seiner Meinung nach auch außerhalb von Facebook und Pinterest, ein Kinderfoto im Netz sei im Vergleich zu realen Gefahren wie Kindesentführungen und Ertrinken das geringste Übel.

Die aktuell 44.028.378 Einträge (*24.04.2018 / 23:37 Uhr) zum Hashtag #babygirl auf Instagram geben ihm Recht – die Hemmschwelle, den Nachwuchs öffentlich zu präsentieren, scheint gering. Doch was verleitet Eltern dazu, Fotos und Videos ihrer Babys und Kinder ins Netz zu stellen?

Kids for Likes

Beeks Kollegin Kristin Haug ärgert sich darüber, dass Eltern ihre Kinder auf den sozialen Netzwerken zur Schau stellen, um Likes zu bekommen und Kommentare wie: „So niedlich“, „kleine Prinzessin“, „ganz die hübsche Mama“. Sie kritisiert, dass viele Eltern offensichtlich ihre Sucht nach Likes mit Fotos ihrer Kinder befriedigen wollen. „Es ist traurig, dass die Aufmerksamkeit in den sozialen Netzen vielen Menschen so wichtig ist“, schreibt sie.

Diese Meinung vertritt auch das Deutsche Kinderhilfswerk und startete im November 2017 eine Facebook-Kampagne gegen den Selbstdarstellungsdrang von Eltern. „Liebe Mama, lieber Papa, denkt nach, bevor ihr postet“ lautete der einfache, aber eingängige Claim mit dem zugehörigen Hashtag #ErstDenkenDannPosten. Die Persönlichkeitsrechte der Kinder sollen gewahrt werden.

Welche Folgen das unbedarfte Zeigen der Kinder haben kann, beschreibt Kinderhilfswerk-Präsident Thomas Krüger in einem Interview mit der WELT: „Es besteht die Gefahr, dass damit auf vielfältige Weise Missbrauch betrieben wird. Jede Information, die ins Netz gestellt wird, ist eine Einladung an andere, damit etwas anzufangen: darüber zu reden, zu diskutieren, zu lästern. Die Konsequenzen des Postens in den sozialen Medien haben dann meistens die Kinder zu tragen. […] Wir möchten mit unserer Kampagne an die Verantwortung der Eltern appellieren, sich genau zu überlegen, was sie in den sozialen Medien preisgeben. Wenn Informationen einmal im Netz sind, ist man nicht mehr Herr des Verfahrens, was damit passiert und ob sie nicht am Ende gegen einen verwendet werden.“

Frag mich, oder ich verklag dich

In einigen Ländern gibt es bereits verschärfte Gesetze gegen das unerlaubte Zeigen und Posten von Fotos. In Frankreich zum Beispiel können Kinder ihre Eltern auf bis zu 45.000 Euro Schadenersatz verklagen, wenn diese ohne ihr Einverständnis Bilder posten. Ihre Kinder können sie wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte anzeigen – das ist allerdings nicht spezifisch auf das Internet gemünzt, sondern einfach die allgemeine rechtliche Grundlage.

Elternsein besteht aus so vielen Entscheidungen, zu denen es immer unterschiedliche Meinungen geben wird, so auch beim Posten von Kinder- und Babyfotos. Es ist gut, dass es aufklärende Kampagnen wie die des Kinderhilfswerkes gibt und dass das Thema medial diskutiert wird. Letztendlich entscheiden die Eltern individuell für sich und jede Seite sollte die jeweils andere vielleicht nicht unbedingt akzeptieren, aber zumindest respektieren.

Im Gegensatz zu William und Kate und anderen Prominenten haben wir „Normalen“ es immerhin in der Hand, ob und was wir von unseren Kleinen der Online-Öffentlichkeit zeigen wollen.

 

 

 

Bildnachweis: Shallow Focus Photography of Girl Holding a Black and Silver Dslr Camera von Daria Shevtsova, Creative Commons CC0 via Pexels

Sergio Bellon

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